Auszug aus einem Schreiben des Schweizerischen Physiotherapie-Verbandes (SPV) vom 21. Februar 2003:

“[...] Ihr Internetauftritt verstösst auf verschiedenste Weise, zum Teil schwerwiegend, gegen die Berufsordnung [...]
Im einzelnen halten wir Ihnen vor [...]:
1.
Jegliche Verbindung Ihres eigenen Internetauftritts mit demjenigen von [...] anderen Personen, welche nicht Mitglied des Fisio KVBB sind, erachten wir als unzulässig. Dies gilt in gesteigertem Masse für die Verbindung Ihres Auftritts mit den zum Teil sittlich fragwürdigen Webseiten Ihres Ehemannes.
2.
Auch Ihr eigener Internetauftritt verletzt, für sich allein betrachtet, die Standesregeln in mehrfacher Hinsicht [...]:
2.1
Der computeranimierte Skeletttanz unter dem Link ‘Feelgood-Exercises’ ist für erkrankte Personen, welche sich auf Ihrer Homepage sachliche Informationen für ihre Gesundung erhoffen, inakzeptabel.
2.2
Der Slogan ‘Die in decent shape’ ebenso.
2.3
Unter dem Link ‘Admin’ lassen Sie sich von Ihrem Ehemann als Hexe bezeichnen, welche mit schmerzhaften Anwendungsmethoden erstaunlicherweise doch zu Therapieerfolg kommt. Hier verkennen Sie, dass nicht die Person, sondern die Sache im Vordergrund zu stehen hat.
Besonders in Verbindung mit den Sheriffiana-Seiten Ihres Mannes, wo zum Bruch mit Tabus [...] aufgerufen wird [...], schaden Sie dem ganzen Berufsstand. In gewisser Weise kann der Eindruck entstehen, Ihre berufliche Tätigkeit habe mit erotischen Handlungen etwas zu tun.
2.4
Auf der gemeinsamen Eintrittsseite untertiteln Sie die Foto einer jungen Frau mit ‘The Saint’. Der Konnex Ihrer Heilbehandlung mit religiösen oder spirituellen Anspielungen ist standeswidrig. [...]
2.7
Auf dem Link ‘The Boss’ ist [...] die Selbstanpreisung ‘Competence and dedication’ und die Verbindung der Vorstellung Ihrer Person mit einem das Bild dominierenden Hund im Vordergrund zu beanstanden.
2.8
Die ausschweifige Homestory über Ihre Hitchhikingtour nach Griechenland [...], die Motorradtour in den USA, die Vorstellung Ihrer Familienverhältnisse usw. stehen offensichtlich in keiner sachlichen Beziehung zu Ihrer Berufstätigkeit. [...]
2.9
Dasselbe gilt für die mit Physiotherapie in keinem Zusammhang stehende ‘Tribute’-Seite.
2.10
Bezüglich des Gästebuches hat die Blaue Kommission Bedenken. Einerseits ist das Patientengeheimnis und der Datenschutz strikte zu wahren. Andererseits sind auf Ihrem Gästebuch Statements, die [...] den Physiotherapiebereich gar nicht betreffen. Insoweit ist auch diese Seite [...] unsachlich und unverhältnismässig. [...]
4.
Der für das Institut gewählte Ausdruck ‘Shamrock’ ist – in Verbindung mit den Nacktfotos auf den Sheriffiana-Seiten Ihres Ehemannes – zweideutig. Diese Praxisbezeichnung kann nur Bestand haben, wenn sämtliche weiteren Anspielungen auf Nudismus, Erotik usw. abgetrennt und dem privaten Auftritt Ihres Ehemannes, ohne jeglichen Bezug zu Ihnen, zugeordnet sind. [...]
Ihre Auffassung, diese Seiten seien harmlos oder gar nützlich, wenn man über den entsprechenden Humor verfüge, vermag [der Verband] nicht zu teilen.”


Stellungnahme

Meine Frau hat ihre Homepage zwar selbst kommentiert (“Reflections”); als verantwortlicher Webdesigner möchte ich aber zu diesem Schreiben ebenfalls Stellung nehmen, zumal dieser Brief ein schönes Beispiel für jene engherzige Prinzipien- und Paragraphenmentalität ist, die ich auf meiner eigenen Homepage mit Vorliebe aufs Korn nehme.
Das Wort “sachlich” kommt in diesem Schreiben mehrmals vor – die therapeutische Grundhaltung, der Webauftritt, das Verhältnis zu den Patienten soll sachlich und nicht persönlich sein.
Es ist nun aber so, dass der grosse Erfolg, den meine Frau seit 25 Jahren als selbständige Physiotherapeutin hat, gerade jenem Umstand zu verdanken ist, dass sie nicht sachlich ist, sondern ihre Patienten als Menschen und Persönlichkeiten im Kontext ihres privaten und persönlichen Umfelds wahrnimmt und behandelt.
“Body and soul” nennt sie das, und dieses Leitbild ist für sie keine blosse Geschäftsstrategie. Es beruht auf innerer Überzeugung, unermüdlicher Einsatzbereitschaft und dem Willen, das beste zu geben.
Das ist mit “Competence and dedication” gemeint.
Billige Selbstanpreisungen hat sie nicht nötig; ihr Erfolg gibt ihr recht. Davon zeugen sowohl der hohe Anteil von “Altpatienten”, die wiederkommen, als auch die nackten (sorry!) Patientenzahlen.
Auch die Homepage ist unnötig; Mund-zu-Mund-Propaganda sorgt dafür, dass ihr die Arbeit nicht ausgeht.
Die Homepage ist eine Art Hommage eines Mannes an seine Frau. An eine Frau, die auch als Lebenspartnerin das beste gibt und ihr Motto “Challenge yourself!” nicht als leeres Diktum versteht. An eine Frau, die mit einem Mann wie mir umgehen kann und dabei, horribile dictu, sogar noch glücklich zu sein scheint.

Ich erspare mir die Mühe, auf die lächerlichen, kleinlichen und zum Teil absurden Vorwürfe, die der obige Brief enthält, im Detail einzugehen. Sie zeugen von jener Gesinnung, die Wilhelm Reich bei “little people” diagnostiziert – jenen ewig unzufriedenen, hasserfüllten und neidischen Zeitgenossen, deren ganzes Sinnen und Trachten darauf gerichtet ist, das Leben ihrer Mitmenschen genauso arm und grau zu machen wir ihr eigenes.
Drei Dinge aber möchte ich doch noch klarstellen:
1. Der “computeranimierte Skelettanz” verweist zunächst – auf humorvolle Weise (“Humor is the best medicine”) – auf die Fragwürdigkeit jeder körperlichen Ertüchtigung im Angesicht der Zeitlichkeit des menschlichen Daseins. Er spielt ferner, in selbstironischer Weise, auf die beschränkten Möglichkeiten jeder Heilkunst an. Diese Graphik ist daher in diesem Zusammenhang gerade nicht verletzend oder gar blasphemisch; sie ist im Gegenteil als gewissermassen barockes Sinnbild ärztlicher Demut zu verstehen.
2. “Shamrock” bedeutet auf Deutsch “Kleeblatt”. Das Kleeblatt ist ein irisches Nationalsymbol ohne jede zweideutige Konnotation. Der Verfasser des obigen Schreibens – übrigens ein Basler Staatsanwalt – denkt vermutlich an ein Feigenblatt.
3. Auch die Assoziation Hexe/Erotik ist nicht nachvollziehbar für mich. Im betreffenden Text auf der “Admin”-Seite sage ich, dass ich nach der Behandlung Schmerzen verspürte, die sich am nächsten Tag legten. Irgendeine Sado/Maso-Komponente ist hier beim “besten” Willen nicht auszumachen.
Ich habe den Eindruck, dass der Verfasser des Briefes seiner verklemmten Phantasie allzu freien Lauf gelassen hat.
Was einem Staatsanwalt eigentlich nicht passieren sollte ...

Admin
25. Februar 2003