Aphorismen und Betrachtungen
Das dumme Geschwätz der Eroberer und Feldherren dieser Welt von “Gott” – wie wenn es den Weltenlenker kümmerte, wie ein Alexander, ein Pizarro, ein Wallenstein, ein Napoleon oder ein Hitler seine onanistischen
Machtträume in die Wirklichkeit umsetzt.
Das Theater um das “ungeborene Leben” – wie wenn es irgend jemanden kümmerte, was dann aus diesem Leben wird, wie wenn die Menschheit nicht alle Hände voll zu tun hätte, die Probleme des geborenen Lebens auf
menschenwürdige Weise zu lösen.
Das Böse in der Welt – das ist ja vielleicht alles gar nicht so böse gemeint. Gott wischt uns einfach weg; so wie ich Ameisen und Spinnen wegputze, damit mein Stübchen recht aufgeräumt aussieht.
Ich lese Toller, “Eine Jugend in Deutschland”. Die Exekutionswand im Gefängnishof, Überreste zerspritzter Gehirne, Fleischfetzen. Die einzelnen Schicksale – unfassbar in ihrer grausamen, sinnlosen Zufälligkeit.
Ich setze mich auf den Boden neben meinen Hund. Ich möchte ihn streicheln, immerzu.
Ich schreibe hundert Briefe voller Verlangen – und beim ersten Kuss ist ihr Atem schlecht.
Die Bildung: die lange Vorfreude auf die Musse, die Freiheit, den Genuss, das ganze lustvolle “Nachher”.
Doch wenn es soweit ist, ist man dazu unfähig, weil man ein anderer geworden ist. Das Gift des Wissens in der Seele, die mühsam anerzogene Disziplin im Nacken, das Zwicken der körperlichen Vernachlässigung in den Gliedern
– man ist zu einem Invaliden des Lebensgenusses geworden.
Im Bus: Die kichernden jungen Mädchen – die eine, schwarzgelockte, Grübchen, Pfirsichhaut. Und die alte Frau gegenüber, mit ihrem kleinen Geheimnis: dass das Leben nicht lustig ist.
Leistung: Was habe ich heute geleistet? Was haben meine Hände heute erschaffen? Womit habe ich mein Brot verdient?
Ich habe keinem Menschen ein Haar gekrümmt und eine Spinne vor dem sicheren Hungertod bewahrt – das ist mehr, als Himmler je von sich sagen konnte.
Sinn: Die Philosophen brauchen ein ganzes Leben, um zu den Einsichten zu gelangen, die jedem Arbeiter unbewusst vertraut sind: dass wir uns nicht den Kopf zerbrechen müssen über den Gang der Dinge, dass man die Welt nicht verbessern
kann. Nichts von dem, was wir tun, ist wirklich wichtig. Der Erfinder der Geburt und des Todes kann alles ein bisschen besser. Er wird wohl wissen, was er tut. Sein Rezept gefällt mir: im Zweifelsfalle von vorn anfangen. Neue Pferde, neue Hunde,
neue Menschen. Und neue Welten. |